Alle Wirtschaftsstandorte sind Orte, in denen Zukunft gemacht wird, schrieb Uwe Luipold in seinem Beitrag zum Konstrukt der Berliner Zukunftsorte. Der Vorstand des Unternehmensnetzwerks Motzener Straße, Ulrich Misgeld, fordert nun Taten: Die Berliner Produktionsstandorte müssen gestärkt werden.
Ein Debattenbeitrag von Ulrich Misgeld.
Wir brauchen für die Zusammenarbeit der Netzwerke, für gemeinsame Aktionen nach außen, für eine Sichtbarkeit der Standorte von Bestandsunternehmen eine „Geschäftsstelle“. Die sogenannten Zukunftsorte haben eine „Geschäftsstelle Zukunftsorte“, die eine intensive Öffentlichkeitsarbeit in Presse und sozialen Medien betreibt. Bei Berlin Partner gibt es die „Start Up Unit“, die sich „als ein gemeinschaftliches Projekt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für junge und schnell wachsende Unternehmen“ versteht. Ohne einen solchen organisatorischen Rahmen wird es keine bessere Zusammenarbeit zwischen den Netzwerken geben.
Meines Erachtens ist ein weiterer wichtiger Punkt, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft analog zum „Start-up Report“ einen „KMU-Report“ in Auftrag gibt. Das Ergebnis wird helfen, die starke Rolle dieser Unternehmen an allen Standorten in Berlin sichtbar zu machen und sie gleichrangig mit Großunternehmen und Start-ups darstellen zu können (im Zweifel bezahlen die KMU in Berlin die Steuern, die z.B. von Start-ups nicht erbracht werden und stabilisieren die Industrie in Berlin, die von den Großunternehmen eher abgebaut wird). Mit einem solchen KMU Report kann auch mit dem Vorurteil aufgeräumt werden, das auf der Website der Zukunftsorte postuliert wird: „Es gibt 11 Orte in Berlin, an denen die Zukunft bereits heute gedacht, an denen die Innovationskraft Berlins deutlich wird“. Das ist nicht nur inhaltlich falsch, es ist auch eine Herabsetzung der bestehenden Unternehmen. Und mit dem Argument wird dann auch um Auszubildende geworben und den Bestandsunternehmen wird zusätzliche – öffentlich geförderte- Konkurrenz gemacht.
Um „unsere“ Standorte in der Öffentlichkeit sichtbar machen zu können, brauchen wir auch für Marketing-Zwecke entsprechende Standort-Profile.
Wir brauchen eine Lösung für die „Deminimis-Problematik“ bei Netzwerk-Förderprojekten. Die Wista erhält jährlich viele Millionen Euro für Adlershof. Da sie eine Gesellschaft des Landes Berlin ist, gibt es diese Problematik nicht. Auch die mittelbar damit geförderten Unternehmen am Standort müssen diese „Last“ nicht tragen. Das gilt auch für die vielen Gelder, die die Geschäftsstelle Zukunftsorte für diese Standorte ausgibt. Kein Unternehmen in den Zukunftsorten muss eine „Deminimis-Last“ tragen (z.B. die Standorte Siemensstadt und Euref sind vollständig private Immobilienprojekte).
Über den Autor: Ulrich Misgeld ist Bankkaufmann und Betriebswirt und war unter anderem als Vorstand bei der Berliner Volksbank und der Selux AG, sowie ehrenamtlich für Branchenverbände und die IHK tätig. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben 2015 bekleidet er heute Vorstandsfunktionen in gemeinnützigen Organisationen, ist Vorsitzender des Unternehmensnetzwerkes Motzener Straße e.V. und nimmt Beirats- und Aufsichtsratsmandate wahr. Er ist einer der bekanntesten Standort-Netzwerker Berlins.