Ein Debattenbeitrag von Uwe Luipold
Das Stadtforum Berlin war mal wieder gut besucht – obwohl mit den Reinbeckhallen in Oberschöneweide ein zwar traditionsreicher, aber außerhalb des S-Bahnrings gelegener Standort ausgewählt worden war. Die Veranstaltung war dem Thema “Wirtschaft! Wie bleibt Berlin ‘the place to be?” (das Motto kam mir bekannt vor) gewidmet und wir hatten im Vorfeld unsere Erwartungen formuliert. Im Mittelpunkt unseres Interesses: Wie geht es weiter mit dem StEP Industrie und Gewerbe. Die Veranstaltung war dann unzweifelhaft recht lang, lebendig – aber der laue Abend brachte letztlich doch wenig Neues. Viel Bekanntes wurde wiederholt, viel Unbekanntes blieb ausgeklammert. Immerhin: In einigen Punkten konnten Fortschritte vermeldet werden. Was mir fehlte war der Umsetzungsbezug: Brainstorming ja, Meinungen ja, Konzepte: Fehlanzeige.
Was nicht neu war, aber wichtig bleibt:
• Die lebendige, vielfältige Stadt braucht auch Produktion. Wie bunt diese sein kann hat Prof. Brearley ausführlich und eindrücklich, fast literarisch (aber ein wenig zu lang) am Beispiel Londons gezeigt.
• Gewerbe wiederum – auch urbanes – braucht Platz. Und der fehlt zunehmend. In Erinnerung bleibt Herr Niemeyer, der als Regionalmanager in Schöneweide keinem ansiedlungsinteressierten Unternehmen helfen kann. Nicht wesentlich anders ist die Situation im von uns betreuten Gebiet in der Herzbergstraße in Berlin-Lichtenberg.
• Industrie und Gewerbe haben nach wie vor viele Fürsprecher – nicht nur bei der IHK.
• Plattitüden werden gerne genommen. Die Konkretisierung dessen, was die jeweiligen Redner unter „urbaner Wirtschaft“, „stadtaffinem Gewerbe“ oder „die Kreativen“ im Kontext der Gewerbeflächenplanung verstanden haben, fehlte in der Regel.
Was in der Diskussion neu war und uns weiterbringt:
• Die Ortserkundungen im Vorfeld der Veranstaltung gab es so nach meiner Erinnerung noch nie – eine schöne Idee, die belebt und Praxisbezug herstellt.
• Dass eine neue Flächenpolitik mit mehr landeseigenen Flächen her muss ist offenbar mittlerweile unumstritten. Eine wichtige Erkenntnis – aber der Teufel dürfte sich im Detail verstecken.
• Die Polyzentralität Berlins bringt gerade in der aktuellen Situation für die gewerbliche Entwicklung der Stadt viele Chancen mit sich. Hier kann und sollte angesetzt werden.
• Neue Akteure melden sich zunehmend zu Wort, wenn es um die Gewerbeflächen geht. Mit dabei sind beispielsweise kreative Produzenten und Künstler, die ihren Platz in der Stadt suchen.
• Moderne Standorttypen finden Eingang in den Stadtentwicklungsplan. Hier liegt sicher eine Zukunft der Wirtschaft in der Hauptstadt. Grund genug, sich damit in einem Stadtforum Wirtschaft zu befassen.
Was fehlte und wo unbedingt nachgelegt werden sollte:
• Umsetzungsansätze und Instrumente!!!
• Wer (wie ich) konkrete Antworten zur Zukunft des Stadtentwicklungsplans Industrie und Gewerbe – zukünftig wohl Stadtentwicklungsplan Wirtschaft – erwartet hatte wurde überwiegend enttäuscht.
• Die Strukturierung der Diskussion um das Gewerbe in der Stadt: Zukunftsfähige Flächenpolitik benötigt eine verlässliche Basis aus Definitionen, Begriffsklärungen und dem einen oder anderen empirischen Befund zu aktuellen Fragestellungen. Die Diskussionslinien sind – so hat sich am 9.4.18 gezeigt – mittlerweile mehr als bekannt, teilweise altbacken.
• Wenig Antworten habe ich zu den aktuell zentralen Fragen um die Zukunft des Gewerbes in der Stadt gehört. Wie verändert die Digitalisierung den Flächenbedarf des Gewerbes? Wie sieht das Gewerbegebiet von morgen aus? Welche Typen von Produktion gibt es, wie werden sich diese entwickeln und wo finden sie ihren richtigen Platz?
• Die Gewerbeflächen werden nicht nur von den immer weniger emittierenden High-tech-Schmieden nachgefragt. Eine funktionierende Stadt braucht auch Handwerk, Kleingewerbe, Logistik sowie Ver- und Entsorgung.
Viele Fragen bleiben offen, es wird aber sicherlich noch weitere Gelegenheiten zur Diskussion geben. Ich bin gespannt.
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