Das sogenannte additive Manufacturing – oder 3D-Druck – wird auch in Berlin als eine der maßgeblichen Zukunftstechnologien gehandelt. Auf dem Berlin Urban Tech Summit 2019 gab Stefanie Brickwede von „Mobility goes Additive e.V.“ einen Ausblick auf die Zukunft dieser Technologie. Aber ist sie wirklich stadttauglich?
Deutschland – so zumindest die Meinung der deutschen Industrie – ist die Heimat des 3D-Drucks. Das additive Manufacturing wird eingesetzt für medizinische Anwendungen, im Luftfahrtsektor oder auch in der Automobilbranche. Noch sind die Use-Cases sehr speziell, doch die Technologie wird kontinuierlich günstiger und neue Einsatzgebiete kommen hinzu.
3D-Druck in der Ersatzteillogistik
Inzwischen werden auch großvolumige Metallteile im 3D-Druckverfahren hergestellt, im sogenannten „Arc-Wire-Verfahren“. So setzen beispielsweise die holländische Marine oder die Deutsche Bahn heute auf diese Technologie um wichtige Ersatzteile herzustellen.
Dies bringt große Veränderungen insbesondere für die Ersatzteillogistik: Die Teile müssen nicht mehr in großen Lagern vorgehalten und zum Einsatz durch das ganze Land gefahren werden. Zukünftig können für jeden Anwendungsfall spezifische Teile direkt vor Ort gefertigt werden. Die Bahn setzt dazu auf Dienstleister, die in ihrem Auftrag die Ersatzteile just in time produzieren. Das in Berlin-Marzahn ansässige Unternehmen Gefertec GmbH ist auf diese Art des 3D-Druck spezialisiert und fertigt auch im Auftrag der deutschen Bahn.
Von der Hausfassade bis zum Organ
Andere Anwendungsbereiche ergeben sich im Immobiliensektor: In Fassadenelemente können Kühlkanäle bereits bei der Produktion integriert werden, da es im 3D-Druck möglich ist die einzelnen Bauteile mit Hohlräumen zu versehen.
In der Medizin sind gedruckte Hüftimplantate oder Zahnprothesen längst etabliert. Die Auswirkungen auf die Unternehmen für Orthopädietechnik dürften enorm sein. In Berlin ist mit Otto Bock eines der größten in diesem Sektor tätigen Unternehmen ansässig. Klassische Orthopädie-Techniker könnten dagegen verlieren, sofern sie diesen Trend verschlafen.
Das sogenannte Bioprinting steht zwar noch am Anfang, die Technologie ist bislang nicht in großem Umfang marktreif. Denn die gedruckten Lebern und Nieren sind noch nicht für den Einsatz im Menschen geeignet, können aber bereits für Medikamentenversuche herangezogen werden und bisher notwendige Tierversuche ersetzen. Ein absehbarer Vorteil der Technologie gegenüber Spenderorganen ist neben der einfacheren Verfügbarkeit auch die bessere Verträglichkeit mit dem Körper – Abstoßreaktionen, die bisher mit Medikamenten unterdrückt werden müssen, kommen bei künstlichen Organen nicht vor. Auch in diesem Bereich gibt es ein Berliner Unternehmen, Cellbricks, das in Berlin-Mitte seinen Standort hat.
3D-Drucken – aber wo?
Die Standortfrage ist in diesem Technologiebereich besonders interessant: Der 3D-Druck wird häufig als besonders stadtverträglich bezeichnet, da Platzbedarf und Emissionen geringer seien, als bei anderen Produktionsverfahren. Ein Blick auf die Karte gibt einen Eindruck, wo sich entsprechende Unternehmen bislang in Berlin ansiedelten.
Sowohl das Unternehmen Gefertec als auch Cellbricks sind in etablierten Gewerbestandorten ansässig. Es handelt sich um Standorte, die im Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich (EpB) enthalten sind und vorrangig für produzierende Unternehmen vorgesehen sind. Aber es gibt auch andere Beispiele: Die BigRep GmbH, Hersteller von großen 3D-Druckmaschinen, hat ihren Standort innerstädtisch in der Kreuzberger Gneisenaustraße.
Auch sind die Unternehmen contura-Modellbau und 3DyourBody außerhalb klassischer Gewerbestandorte in der Nähe von Wohngebieten ansässig. Allerdings sind diese beiden Unternehmen auch stark auf Endkundenkontakte angewiesen. Es handelt sich außerdem um eine andere Technologie des 3D-Drucks als bei der Ersatzteilproduktion von Gefertec.
Es gilt also: 3D-Druck ist nicht gleich 3D-Druck – und das auch bei der Frage der Standortanforderungen. Einzelne Unternehmen sind durchaus für innerstädtische Standorte geeignet, im industriellen Maßstab suchen sie sich aber doch solche Gewerbestandorte, die eine entsprechende Logistik und Emissionen erlauben.
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